Du betrachtest gerade Du musst aber,… – Nix müssen Sie!
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Die Motivationstrainer und das Streben nach Glück

Kennen Sie diese ganzen Motivationscoaches? Wenn man den Inhalt der meisten (ich wiederhole: Nein, es sind nicht alle) herunterbricht, lautet der Tenor so: Mach ein riesiges Business und verdiene unverschämt viel Geld, dann bist du glücklich. Wenn Sie der Typ dazu sind – hey, super, legen Sie sofort los. Besser gestern als morgen, denn wir benötigen fantastische Arbeitsplätze auf der Welt. Wir brauchen Macher:Innen, Menschen mit Visionen. Menschen, die diese Welt voranbringen. Normale gibt es genug. Für mich zählt: Glück statt Motivationscoaching.

Die Kraft der Ideen und Visionen

Wenn Sie also eine großartige Idee haben, worauf warten Sie? Ich selbst umgebe mich sehr gerne mit Menschen, die eine Idee haben, im besten Fall Visionen, welche die Menschen weiterbringen. Egal, ob es sich um eine lokale Zeitung handelt oder den Schreiner um die Ecke. Ich lese auch gerne von Projekten, die die Menschheit weiterbringen.

Beispiele inspirierender Projekte

Nehmen wir zum Beispiel einen Elon Musk. Sein Raumfahrtprogramm könnte die Menschheit im wahrsten Sinne des Wortes einen Schritt voranbringen. Oder Boyan Slat mit seinem Ocean Clean Up Programm. Das sind Dinge, die etwas bewirken, etwas verändern. Von solchen Projekten und den dahinterstehenden Menschen bin ich einfach nur begeistert (Nicht bei allem, was diese Menschen tun). Können alle so sein? Die Antwort lautet: Nein! Alles andere ist schlicht und einfach gelogen.

Gefährliche Pauschalaussagen und die Rolle der Coaches

Lustig sind ja die ganzen Hobby-Psycholog:Innen, die als „Coaches“ mit jeder Menge Halbwissen andere Menschen beraten. Am Donnerstag habe ich wieder so etwas gelesen: Wenn man nicht „Nein“ sagen kann, wenn man Dinge tut, die man nicht möchte, dann suche man nach Aufmerksamkeit. Solche pauschalen Aussagen sind einfach brandgefährlich und überhaupt nicht glaubwürdig.

Das Beispiel des Autismus

Warum? Ganz einfach: Ich zum Beispiel bin Autist (früher Asperger), wovon es 0,27 % (nach den Gillberg-Kriterien) bis 0,16 % (nach den Szatmari-Kriterien) gibt. Das sind pro 1.000 Menschen immerhin zwei bis drei, also einige. Ich als Autist kann schlicht nicht „Nein“ sagen. Allerdings ist es mir auch nicht möglich, mich mitzuteilen, wenn ich in einem Meeting aufs Klo muss oder ich den Zug verpasse, wenn dieses länger dauert. Das hat mit Aufmerksamkeit überhaupt nichts zu tun, das ist ein psychologischer Fakt, beziehungsweise ein Defizit.

Die Gefahr falscher Beratung

Diese komplett unsinnige Aussage drückt mir einen Stempel auf, den ich nicht verdient habe, und zieht Menschen in ein Coaching, das komplett falsch, ja sogar gefährlich für sie sein kann. Ich wurde von Coaches auch in diese Spirale gezogen, mit wenig erfreulichem Ergebnis. Ratschläge wie: „Versuche, aus dem Autisten herauszukommen“, waren tatsächlich ernst gemeint. Da draußen sind viele andere Menschen mit Einschränkungen und Defiziten, und diese werden von solchen Coaches regelrecht dazu genötigt, Dinge zu tun, die sie gar nicht tun können.

Diskriminierung und die Notwendigkeit von Aufklärung

Weil man ja mehr machen muss, weil sich das so gehört. Was soll das? Es käme keinem vernünftig denkenden Menschen in den Sinn, einem gehbehinderten Menschen zu sagen, er solle einmal hochspringen. Da würden alle wegen Diskriminierung aufschreien. Bei psychologischen Defiziten ist das dann in Ordnung? Schöne Welt… Wie viele Kinder werden jeden Tag in Schulen diskriminiert? Ich spreche da aus leidvoller Erfahrung, dies während vieler, vieler Jahre. Hier wäre Aufklärung in der Gesellschaft bitter nötig, und diese ganzen Coaches sollten sich dringend weiterbilden, bevor sie solchen Nonsens verbreiten.

Glücklich sein in jedem Beruf

Was will ich sagen? Wenn Sie glücklich sind, lassen Sie sich bloß nichts einreden. Wenn Sie die Erfüllung in der Buchhaltung, als Reinigungskraft, als Arzt, als Bauarbeiter:Inn, als Kitamitarbeiter:Inn usw. gefunden haben, dann ist es perfekt, so wie es ist. Dazu habe ich bereits einen Beitrag zu einem fantastischen Menschen verfasst: Der Müllmann und Ihre Einstellung. Es ist absolut in Ordnung, keine Millionen zu verdienen.

Die unterschätzte Bedeutung unterbezahlter Berufe

Dass gewisse Berufe und Tätigkeiten komplett unterbezahlt sind, ist wieder ein ganz anderes Thema. Gerade diese Menschen erbringen einen großen Dienst für uns alle, wenn sie Sanitäreinrichtungen sauber halten, Essen für uns zubereiten oder das lecke Dach abdichten. Diese Menschen tragen zu unserem Wohlstand bei und ermöglichen uns allen ein bequemes Leben. Sind Sie dankbar für diese Menschen?

Das Streben nach immer mehr und die Illusion des Glücks

Wenn Sie glücklich sind, dann ist es egal, ob Sie in einer 30-Zimmer-Villa leben oder in einer kleinen Mietwohnung. Ich bin in meiner Drei-Zimmer-Mietwohnung sehr viel glücklicher als in meiner früheren Beziehung in einem Sechs-Zimmer-Haus. Die kleine Wohnung ist mit Leben gefüllt, im großen Haus war es kalt und einsam.

Statussymbole und die Frage nach dem echten Glück

Ganz ehrlich? Wenn Sie nur dem Geld hinterherjagen, immer mehr und immer mehr wollen, werden Sie automatisch glücklich? Wissen Sie, auch ich war auf der Jagd nach Statussymbolen. Eine teure Uhr, ein großes Haus, Kreuzfahrten, etc. Irgendwann kommen Sie an den Punkt, sehen sich die ganzen Dinge an und fragen sich selbst: „Alter, was tust du da eigentlich? Sag mal…“. Es geht nicht um Luxus.

Die Absurdität des Luxusstreben

Ja, es ist wunderschön in der Karibik. Ja, es ist schön, eine tolle Uhr zu tragen. Es ist alles schön und gut, ich hatte das alles. War ich glücklich? Nein. Fragen Sie sich selbst: Werden Sie mit dem ganzen Tand glücklich? Erst muss es ein teurer Sportwagen sein, dann ein Boot, dann ein Privatjet und am Schluss fliegen Sie zum Mond. Wozu? Damit Sie es haben? Gewisse Coaches erzählen, dass es sich besser im Benz als im Punto weint. Was ist das für eine dumme Aussage! Da ist das Niveau bereits klar. Auf andere herabzusehen, ist einfach nur verwerflich und dümmlich. Sie können schließlich nicht mehr als in einem Bett schlafen, an einem Tisch sitzen und von einem Teller essen. Weniger ist oft mehr.

Überteuerte Coachings und die Heuchelei der Motivationstrainer

Ich höre auch immer wieder, dass man fünf- bis sechsstellige Beträge für Coachings nehmen soll. Damit nur der wohlhabende Teil der Menschen weiterkommt? Oder noch schlimmer, dass jemand einen Kredit für solche „Weiterbildungen“ aufnimmt? Da wird auf der Bühne von Nächstenliebe und gleichen Chancen für alle gefaselt, doch beim eigenen Geldsäckel hört es dann bereits auf? Die Selbstbelügung beginnt bereits da, das Ego des Menschen wird in seiner ganzen Pracht zur Schau gestellt.

Der Widerspruch und die Realität

Schon allein dieser Widerspruch zeigt, was von dem Ganzen zu halten ist. Mit dieser Einstellung fliegen wir jedenfalls leider nie zum nächsten Stern, denn erst, wenn der Mensch reif genug ist, werden wir zu den Sternen fliegen. Ja, man darf sich seine Waren und Dienstleistungen bezahlen lassen, und ich bin gegen „Geiz ist geil“. Doch alles zu einem vernünftigen Preis, damit möglichst viele Menschen etwas von meinen Waren und Dienstleistungen haben und ich gleichzeitig anständige Gehälter zahlen kann.

Gute Coaches und ihre Vorbildfunktion

Ich hätte einige Ideen, wie man alles unter einen Hut bringen könnte, und einige wirklich gute Coaches leben das auch vor. Wie in einem vorherigen Beitrag erwähnt, gibt es großartige Coaches. Mit Geschichten, die uns weiterbringen. Die eine großartige Einstellung haben. Die uns inspirieren. Menschen, die einen Schicksalsschlag überwunden haben, aus dem Mist herausgekommen sind. Doch diese sind viel zu selten.

Glück statt Motivationscoaching

Heute bin ich glücklich, wenn ich auf einem Berg stehe und die Schönheit der Welt betrachte. Wenn ich meine liebe Frau im Arm halten kann und wenn ich jemandem etwas Gutes tun kann, sei es nur, die Tür aufzuhalten. Wenn ich den Moment, den Tag, genießen kann. Dann, ja dann bin ich glücklich. Ich gebe jeden Tag mein Bestes, um diese Welt ein bisschen besser zu gestalten. Geben auch Sie einfach Ihr Bestes. In Ihrem Bereich. Seien Sie auch einmal stolz auf das, was Sie tun. Egal, was es ist. Sie sind es wert!

Schlussgedanken: Leben Sie Ihr Leben und suchen Sie Inspiration

In diesem Sinne: Leben Sie Ihr Leben, seien Sie glücklich und suchen Sie sich inspirierende Menschen. Retten Sie die Welt – im Kleinen.

Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.