Warnung vor unqualifizierter ASS-Beratung
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Nach der Diagnose: Ein tiefer Fall ins Ungewisse

Ich bin ganz ehrlich zu Ihnen, nach meiner Diagnose ging es mir richtig mies. Mein „Aussen-Ich“ war weg, ich hatte regelrecht meine Identität verloren. Also habe ich mir gedacht, ich wende mich an eine Fachperson. Ein Trauerspiel beginnt. Vorab eine Warnung vor unqualifizierter ASS-Beratung. Es wird haarsträubend.

Die Suche nach Unterstützung: Ein Fehlstart

Auf der Seite autismus.ch habe ich mich schlau gemacht, wo eine auf ASS spezialisierte Fachperson zu finden ist. Schnell war jemand gefunden und dann noch ganz in der Nähe, so dachte ich jedenfalls. Am Anfang ging es an das erste Problem. Sobald ich über meine Gesundheit oder meine Bedürfnisse spreche, endet dies im Shutdown. Also habe ich bei der Kontaktaufnahme mitgeteilt, dass die Terminvereinbarung doch bitte per E-Mail erfolgen soll. Raten Sie einmal: Richtig, sie haben mich angerufen und es war mir nicht möglich, einen Termin zu vereinbaren. Nun ja, so etwas kann passieren. Ein Faux-Pas. Doch genau so sollte es weitergehen.

Ein falscher Anfang: Terminvereinbarung und erste Enttäuschungen

Immerhin habe ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einen Termin bei einer Fachperson erhalten. Also so halb, da auch diese keine Erfahrung mit Autisten hat, doch sind diese Mangelware, und man kann jemandem eine Chance geben. Doch das ist noch vier Wochen hin.

Meltdown und Shutdown: Die Folgen eines misslungenen Termins

Nach meinem ersten Termin hatte ich so ziemlich alles: Meltdown und Shutdown. Ich konnte nicht einmal nach Hause gehen, nach einem Besuch in der Firma kam ich nicht mehr raus in die Welt. Also habe ich die Nacht im Büro auf dem Fußboden verbracht. Erst am nächsten Tag konnte ich meinen Tagesablauf wieder in Angriff nehmen. Das ist doch mal eine Therapie!

Ein Rezept ohne Sinn: Unnötige Medikation

Der zweite Termin war auch nicht wirklich zielführend. Selbstverständlich wurde mir ein Antidepressivum verschrieben. Wozu ist mir schleierhaft, da die Wurzel allen Übels nicht eine Depression ist. Ich habe mein „Aussen-Ich“ verloren, bzw. ich bin in ein Autismus-Burnout gefallen. Das heißt nichts anderes, als dass ich meine „Maske“ für draußen nicht mehr anziehen kann. Es geht einfach nicht mehr; ich falle sofort in einen Shutdown oder einen Meltdown. Notabene nehme ich L-Tryptophan ein. Das in Kombination mit Antidepressiva ist mit Vorsicht zu genießen, dies ist in der Packungsbeilage des Antidepressivums sowie auf der L-Tryptophan-Verpackung zu lesen. Wurde ich auf mögliche Nebenwirkungen hingewiesen? Selbstverständlich nicht. Übrigens: Im Autismus-Abklärungsbericht steht klar, dass in den vergangenen Jahren Antidepressiva ausprobiert worden sind, alle mit dem Ergebnis, dass ich das Zeug nicht vertrage und keine Ergebnisse zu erzielen waren.

Eine gefährliche Ignoranz: Fassade statt Hilfe

Frei nach Einstein: Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

Wiederkehrende Meltdowns und Shutdowns: Eine unvermeidliche Reaktion

Wer ist denn hier nun der Patient? Dass ich wieder in Meltdowns und Shutdowns geraten bin, versteht sich wohl von selbst. So viel Unsinn ertrage ich schlicht nicht.

Unverständnis seitens der Therapeutin: Die Forderung nach einer Fassade

Es kommt noch besser: Bei der dritten Sitzung wollte mir die „Therapeutin“ dann klar machen, dass ich mir wieder eine Fassade zulegen müsse. Bitte, was? Das, was mich während 40 Jahren in ein Burnout getrieben hat, soll ich nun weiter machen?

Unrealistische Erwartungen: Fassade als Lösung?

Genau das, was ich vor ein paar Jahren als „Strategie“ erhalten habe, soll ich nochmals machen, weil das ja so einwandfrei funktioniert hat? Auf meine Intervention hin, dass das unweigerlich wieder in Shutdowns führt und dies wohl alles andere als zielführend sei, wurde ich damit abgekanzelt, dass unsere Gesellschaft nun mal so funktioniere und ich das wollen müsse.

Behinderung vs. Krankheit: Ein grundlegendes Missverständnis

Das war an Unqualifiziertheit kaum zu überbieten. Ja, darum nennt man das, was ich habe, eine Behinderung. Das hat nichts mit Wollen zu tun. Was denkt sich die Therapeutin bei solch einer Aussage? Selbstverständlich will ich das auch, doch ich kann nicht. Es geht einfach nicht. Es wird nur schlimmer und schlimmer und schlimmer. Eben eine Behinderung, keine Krankheit. Ein kleiner, aber wichtiger Unterschied.

Vergebliche Gegenargumente: Ein hoffnungsloser Dialog

Erst wollte ich erwidern, ob sie denn einen querschnittgelähmten Menschen auch dazu auffordert, dass er doch rennen solle. Schließlich müsse er das nur wollen, laut ihrer Aussage. Doch ich habe erkannt, dass es keinen Sinn hat. Einer solchen Ignoranz kann man schlicht nicht begegnen.

Ein Vergleich mit fatalen Konsequenzen: Ein unmöglicher Rat

Diese verlangte Vorgehensweise ist ungefähr eine genauso gute Idee, wie einem Alkoholiker mitzuteilen, dass er die Sucht im Griff habe und nun wieder anfangen könne zu saufen. Glücklicherweise war die „Therapie“ zu Ende, denn ich stand kurz vor einem richtig fiesen Meltdown ob dieser dümmlichen Vorgehensweise.

Der Punkt der Verzweiflung: Ein nahender Meltdown

Ich erwische mich beim Gedanken, ob denn das so verkehrt gewesen wäre, dann hätte sie live und in Farbe erlebt, wenn ich so richtig leide und was das für meine Mitmenschen heißt. Dass es mir nach der Sitzung noch schlechter ging als zu dem Zeitpunkt, als ich mich an die Fachstelle wandte, liegt auf der Hand. Das muss man erst einmal hinkriegen.

Enttäuschung und Sehnsucht: Ein Rückblick auf professionelle Hilfe

Wie sehr sehne ich mich nach der Professionalität der UPD in Bern. Da wurde ich wahrgenommen, verstanden und mir wurde geholfen. Auch wurde ich als Handicapierter behandelt und nicht als Kranker. Nochmals: Ein ganz entscheidender Unterschied.

Ein dringender Appell an Betroffene

Nach diesen Erfahrungen bin ich wirklich mehr als entsetzt, wie mit Menschen umgegangen wird, die wirklich Hilfe benötigen. Ich meine, dies war eine psychologische Notfallberatung. Und diese ist besetzt mit einer für dieses Gebiet unausgebildeten Person. Die Menschen, welche diese Beratung aufsuchen, brauchen professionelle Hilfe! Wie kann es sein, dass so etwas zugelassen wird? Dies ist meines Erachtens mehr als fahrlässig.

Mein Tipp: Wenn Sie eine Vermutung einer ASS haben und eine Abklärung machen wollen, suchen Sie sich vorher unbedingt eine richtige Fachperson, welche wirklich darauf spezialisiert ist, ansonsten wird es wirklich unschön. Ich habe die obige Erfahrung für Sie gemacht, Sie müssen nicht selbst reinfallen. Es liegt mir sehr am Herzen, dass anderen Menschen wirklich geholfen wird. Haben Sie ein schönes Leben.

Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.