Du betrachtest gerade Ich bin ein fantastischer Schauspieler – Tagtäglich
Foto von Avel Chuklanov auf Unsplash
  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Autismus

Der tägliche Kampf mit dem Verstellen

Stellen Sie sich vor, Ihnen geht es mies. So richtig elend. Und jetzt bedienen Sie lächelnd Kunden, quatschen mit Menschen, telefonieren. Kurz: Sie tun so, als wenn nichts wäre.

Kopieren als Überlebensstrategie im Alltag

Wenn Sie so tun, als ob nichts wäre, dann fragen Ihre Freunde sicherlich, was denn los sei. Denn anscheinend sind Sie anders als sonst. Bei mir ist das meistens nicht der Fall, außer der Shutdown ist vor wenigen Minuten passiert. Da gerate selbst ich an meine Grenzen und meine Mitmenschen merken, dass etwas nicht stimmt. Doch wenn ich am nächsten Tag nach einem Shutdown ins Geschäft gehe, dann merken es die meisten nicht. Ich bin so wie immer. Wissen Sie, warum meine Mitmenschen es nicht merken? Weil ich Sie kopiere. Ernsthaft: Ich kopiere mein Gegenüber. Kopieren als Überlebensstrategie im Alltag. Glauben Sie mir nicht? Ich beweise es Ihnen. Kopieren als Überlebensstrategie im Alltag.

Das Dilemma der Nachahmung

Warum können die meisten Menschen nicht mit mir umgehen? Ganz einfach: Ich kopiere Sie. Sie interagieren also mit sich selbst und das verunsichert Sie und fühlt sich für Sie unbewusst komisch an. Eine Mitarbeiterin hat mich einmal darauf hingewiesen, dass ich bei den Kunden jeweils anfange, diese zu imitieren. Sprachlich, Körperhaltung, Stimmlage. Das passiert automatisch, ich kann nichts dagegen tun. Ich habe mein Leben lang die Menschen kopiert, weil ich einfach nicht so sein darf, wie ich bin. Ansonsten werde ich sofort ausgegrenzt. Also kopiere ich. Lachen Sie nicht! Ich meine das ernst. Warum habe ich nach der Diagnose das Gefühl, ich sei noch niemals ich gewesen? Eben. Ich war alle anderen, nur nicht ich. Ein begnadeter Schauspieler.

Die Kunst der Rollenübernahme

Weil ich mein Leben lang kopiert habe, kann ich jede Rolle einnehmen. Geben Sie mir ein Skript und ich lege los. Dan Aykroyd ist zum Beispiel auch Autist und Schauspieler, genau wie Sir Anthony Hopkins. Tim Burton steht auf der anderen Seite der Kamera, ist aber auch Autist. Autismus und Schauspielerei haben Einiges gemeinsam. Eine sehr interessante Sache. Frei nach Shakespeare: Die Welt ist eine Bühne. Für mich trifft das uneingeschränkt zu. Denn für mich ist Kopieren die Überlebensstrategie im Alltag.

Ein Appell zum Abschluss

In diesem Sinne, begeben wir uns zum nächsten Take. Haben Sie einen wunderschönen Tag und bleiben Sie sich treu.

Mein Buchtipp um uns Autist:Innen besser zu verstehen:

Orell Füssli: Autistisch? Kann ich fließend*

Thalia: Autistisch? Kann ich fließend*

*Die Links sind Affiliate-Links. Die Angebote stammen nicht von uns, allerdings erhalten wir durch den Verweis eine Provision, wenn dann ein Kauf stattfindet, jedoch ohne dass Euch zusätzliche Kosten entstehen. Wenn Ihr klickt und kauft: Vielen Dank! 🙂

Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.