Du betrachtest gerade Autistisches Maskieren – Was ist das?
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Was bedeutet “Maskieren”?

Öfters habe ich schon geschrieben, dass ich maskiere, resp. dass das derzeit nicht funktioniert. Doch was ist “Maskieren” denn genau? Es ist etwas kompliziert. Erfahren Sie etwas über die tägliche Belastung des autistischen Maskierens.

Die Herausforderungen ohne Mimik und Gestik

Stellen Sie sich vor, dass Sie von Natur aus keine oder wenig Mimik hätten. Wenn Sie mit jemandem interagieren, dann kopieren Sie einfach diese Person, da Sie keine Ahnung haben, was das Ganze eigentlich soll. Unvorstellbar? Vielleicht sogar gruslig? Genau. Darum kommt die Gesellschaft mit mir auch nicht zurecht. Denn genau das tue ich. Mit jedem von Ihnen.

Die Konsequenzen des Maskierens

Sobald ich meine “Maske” entferne, bin ich für Sie unheimlich. Keine Mimik. Keine Gestik. Ich kann kein Smalltalk und mich fadenscheinig über Dinge unterhalten, die mich nicht interessieren – inklusive der Gestiken dazu. Leider ist es für mich unmöglich, in der Gesellschaft auf diese Weise zu funktionieren, ich werde sofort ausgegrenzt, als Sonderling abgestempelt und gemieden. Also maskiere ich mich und kopiere, was das Zeug hält, damit ich irgendwie dazu gehöre. Darum bin ich auch ein perfekter Schauspieler. Selbst wenn es mir richtig dreckig geht, kann ich alles überspielen. Sie merken es nicht, selbst dann nicht, wenn Sie mich gut kennen. Denn ich kopiere ja Sie. Dass mich das komplett kaputt macht, versteht sich von selbst. Wenn man pausenlos jemand anderes ist und niemals man selbst, gehe ich psychisch langsam kaputt, es ist gar nicht anders möglich. Auch deshalb sind andere Autisten depressiv. Frauen sind in der Regel besser im Maskieren, weshalb diese oft nicht diagnostiziert werden. Sie leiden oft noch viel mehr, als Männer.

Identitätskrisen und Selbstwahrnehmung

Das ist auch der Grund, warum ich immer wieder eine Identitätskrise habe. Wer zum Geier bin ich überhaupt? All die Interaktionen waren gar nicht ich. Ich war Sie. Das ist dann für mich gruselig.

Reflexion über die gesellschaftliche Wahrnehmung

Wissen Sie, was lustig ist? Wenn Sie mit mir nicht klar kommen, dann heißt das vielleicht, dass Sie ein Problem mit sich selbst haben. Denn ich kopiere ja nur Sie. Was wäre denn, wenn das so wäre? Ertragen Sie sich selbst nicht? Das würde ich gerne untersuchen.

Die Belastung des Autismus und gesellschaftliche Erwartungen

Sie sehen, Autist sein ist ganz schön anstrengend. Was mich stört, ist, dass ich immer wieder höre, dass Autisten doch auch Talente hätten und wir uns nicht so anstellen sollen. Ja, Talente haben wir. Unbestritten. Trotzdem sollte diese Behinderung nicht verniedlicht werden. Denn für uns Betroffene ist es in der Gesellschaft alles andere als leicht. Die Belastung des autistischen Maskierens ist eine Qual.

Vielfalt im Autismus-Spektrum

Übrigens: Es heißt Autismus-Spektrum. Jede autistische Störung ist anders. Wir sind auch alle einzigartig, genau wie Sie. Kennen Sie eine autistische Person, dann kennen Sie diese eine autistische Person.

Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.