Schuldzuweisungen und Verantwortung
Alle sind an allem schuld. Nur wir selbst nicht. Warum fällt es uns so schwer, die eigene Schuld einzugestehen und Verantwortung zu übernehmen? Ein Beitrag über Verantwortung übernehmen statt die Schuld anderen zuweisen.
Ein typischer Morgen voller Missgeschicke
Es ist einer dieser Morgen, an denen alles schiefgeht. Erst hat meine Frau vergessen, den Wecker zu stellen, sodass ich spät dran war. Dann lag der Rucksack im Weg, an dem ich meinen Fuß gestoßen habe. Wer hat den denn dorthin gelegt? Im Bad wurde es nicht besser: Die Rasierklingen waren aus. Ich dachte, die werden automatisch nachgelegt. „Hier geht nichts automatisch“, meinte meine Frau nur kurz. Ich kam zu spät zur Arbeit, weil die Müllabfuhr sowie diverse Eltern, die ihren Nachwuchs zur Schule brachten, den Weg versperrten. Weil ich zu spät war, hat mir jemand den Parkplatz weggenommen.
Und das alles vor 8 Uhr! Ganz ohne meine Schuld.
Die Anderen sind schuld – ein einfaches Muster
Wir fühlen uns so richtig gut, wenn alle anderen an unserem Unglück schuld sind. Wir können ja nichts dafür, es sind immer die Umstände. Mein Unglück hat bei den Eltern und Lehrern angefangen und dann kamen noch andere dazu: „Die Banken sind schuld.“ „Die Regierung ist schuld.“ „Der Chef ist schuld.“ „Das Wetter ist sowieso schuld.“ Die Liste der Entschuldigungen und Schuldzuweisungen lässt sich beliebig fortführen. Hauptsache, wir selbst sind fein raus und können die Verantwortung abgeben. Es sind immer die Anderen, die Umstände. Anstatt dass wir Verantwortung übernehmen, finden kreatives Schuld zuweisen statt.
Warum fällt es uns so schwer, eigene Fehler einzugestehen?
Warum fällt es uns dermaßen schwer, einmal unsere eigene Unzulänglichkeit zuzugeben? Ich höre irgendwelche Motivationstrainer predigen, dass wir alles erreichen können. Was, wenn ich das gar nicht will? Ich zum Beispiel bin zu ungeschickt, um einen Nagel gerade in die Wand zu schlagen. Dazu stehe ich auch. Genau darum hole ich mir jemanden, der das kann. Warum soll ich mir das Leben unnötig schwer machen, indem ich etwas versuche, auf das ich a) keine Lust habe und b) es nicht kann? Man benötigt eine unglaubliche Intelligenz, um die eigene Dummheit zu begreifen. Doch wenn man dies erkannt hat, lebt es sich viel leichter. Genau so, wie wenn man einen Fehler zugibt oder andere Meinungen akzeptiert. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß.
Ein Beispiel aus dem Alltag
Ein Beispiel als Paar: Sie sagt: „Warum hast du den Müll nicht runtergebracht?“ Anstatt mit: „Das kannst du genauso machen“, zu antworten, kann man ganz einfach zugeben, dass man es übersehen oder vergessen hat. „Upsi, habe ich vergessen. Ich stelle kurz mein Glas in die Küche und gehe mit dem Zeug runter.“ Vielleicht erwidert die Dame des Herzens: „Och, lass mal, ich muss eh in den Keller, da nehme ich den Müll gleich mit.“ Kein Konflikt, kein Problem, alles erste Sahne. Wie bereits erwähnt, kann ich nicht verstehen, wie ein durchschnittliches Paar 200 Mal im Jahr Streit haben kann. Mit meiner Frau bin ich seit August 2020 verheiratet, und wir hatten noch nie einen Streit. Trotz unterschiedlicher Meinungen, unterschiedlicher Vorlieben und der ganzen Eigenheiten. Glauben Sie mir das nicht? Ist aber so. Wir respektieren uns, nehmen und lieben den anderen so, wie er oder sie ist. Mit allen Ecken und Kanten. Oder haben Sie schon einmal runde Diamanten gesehen, die funkeln? Eben!
Verantwortung übernehmen statt Schuld zuweisen
Kennen Sie Boyan Slat? Dieser junge Mann hat eine Lösung gesucht, um unsere Meere zu säubern. „The Ocean Cleanup“ heißt sein Projekt. Dieser Mann ist aus der Opferrolle herausgetreten und hat an einer Lösung gearbeitet. Dieser Mann wollte etwas verändern – im Gegensatz zu Greta Thunberg. Sie schreit „How dare you!“. Von Lösungen keine Spur, nur Schuldzuweisungen; alle anderen sind schuld. Das macht sie zum Opfer. Die Debatte, die Greta ausgelöst hat, empfinde ich übrigens als positiv, denn die Schweinerei, die wir auf unserem Planeten anrichten, kann nicht ewig so weitergehen, das ist wohl den meisten klar. Nur kommen wir mit Schuldzuweisungen und Opferrollen nicht weiter. Sätze wie: „Die Schweiz hat keinen Einfluss, das müssen die Chinesen tun!“, sind eine Bankrotterklärung und das Paradebeispiel für: „Die anderen sollen, wir können ja nicht!“. Absolut verwerflich. Wir brauchen mehr Boyan Slats auf dieser Welt. Menschen, die Verantwortung übernehmen und Lösungen präsentieren.
Die Macht der Eigenverantwortung
Ist Ihnen klar, dass wenn Sie jemandem die Schuld geben, Sie diesem Menschen auch die Macht über sich geben? Sie werden zum Opfer! Seien Sie kein Opfer. Übernehmen Sie Verantwortung in Ihrem Leben und stehen Sie für Ihre Fehler ein, auch wenn es unangenehm ist. Suchen Sie Lösungen. Entschuldigungen und Ausreden sind keine Lösungen. Die Schuld am Klima den Politikern in die Schuhe zu schieben, ist einfach und bequem. Doch es ist keine Lösung oder gar Veränderung. Wie wäre es, bei sich selbst einmal zu schauen, was man dazu beisteuern kann? Zum Beispiel weniger eingeschweißtes Obst kaufen und den Plastikmüll einfach auf die Hälfte reduzieren. Zu Fuß die Sonntagsbrötchen holen und gleich neue Nachbarn kennenlernen, die mit dem Hund spazieren gehen. Das wäre doch ein guter Anfang.
Gemeinsam für eine bessere Welt
Ich wünsche mir, dass die Menschen mehr Verantwortung übernehmen. Dass die Menschen für ihre Fehler einstehen und die Welt verändern. Gemeinsam.
Stellen Sie sich einmal vor, wir würden alle gemeinsam die Probleme anpacken. Wenn jeder Mensch von den 7.851.163.856 (geschätzter Stand 01.01.2021) nur 100 Gramm Plastik pro Woche sparen würde, dann hätten wir etwas bewirkt. Es geht nur zusammen. Wenn wir die Energie, die wir in die Waffenentwicklung gesteckt haben, für Weltraumprojekte verwendet hätten, würden wir den Mars wohl bereits besiedeln. Statt Schuldzuweisungen zu vergeben, lassen Sie uns Lösungen finden. Gemeinsam.
Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.