Die Entscheidung am Supermarktregal
Vor dem Supermarktregal, mitten im Trubel am Samstagnachmittag, stehe ich vor einer Auswahl an vielen Köstlichkeiten. Soll es die Lasagne werden? Oder doch eine Pizza? Ein Süßkartoffelpattie klingt auch lecker. Hilflos stehe ich vor den Produkten und schaue panisch meine Frau an. Nichts geht mehr. Ein Shutdown. Das ist mein Leben mit Autismus und die Herausforderungen im Alltag.
Der Rückzug in Sicherheit
Meine Frau weiß, was in diesem Moment mit mir passiert. Hier wird nicht diskutiert, zusammen verlassen wir schnellstmöglich den Supermarkt. Weg aus dem Trubel, dem grellen Licht, dem lauten Geschnatter von Menschen, den Gerüchen. Einfach nur noch weg. In Sicherheit.
Der Moment der Überwältigung
Das ist einer der Momente, in denen ich mein Dasein als diagnostizierter Autist einfach hasse und wo mir bewusst wird, dass ich eine Behinderung habe. Wenn meine Wahrnehmung dermaßen überhandnimmt, dass ich alles wahrnehme. Jeden Schritt eines jeden Menschen um mich herum, da der Einkaufswagen, der nicht rund läuft, ganz vorne fällt eine Dose um, Gläser, Packungen und Tüten werden in Einkaufswagen, Einkaufskörbe und Einkaufstaschen gelegt, gestellt oder geworfen. Jedes einzelne Gespräch dringt in meinen Kopf ein. Der Geruch von frischem Brot, das Fleisch, der Fisch, das Putzmittel, Parfums. Ich höre alles, sehe alles und fühle alles. Gleichzeitig und ungefiltert. Am liebsten würde ich laut schreien und mich auf den Boden setzen, mir die Ohren zuhalten und meine Jacke über den Kopf ziehen während mein Kopf gegen diese Flut an Eindrücken ankämpft, indem er über alles einen Schleier legt. Ich habe das Gefühl, über die Welt legt sich ein Nebel. In diesem Zustand kann ich keine Fragen mehr beantworten: Wie geht es dir? Antwort: Ich weiß es nicht. Was möchtest du? Was brauchst du? Ich weiß es nicht. Ich funktioniere nur noch, will weg. Panik übernimmt mein Handeln. Berührungen ertrage ich nicht mehr.
Das Zurückkehren zur Normalität
Glücklicherweise hält dieser Zustand nur ein paar Minuten an, manchmal ein paar Stunden. Dann kann ich wieder klar denken.
Das Gefühl des Andersseins
Es sind diese Dinge, die mir immer wieder bewusst machen, wie anders ich bin, dass ich nicht in eure Welt passe. Zeitweise ist es frustrierend. In meiner Freizeit sinniere ich über Philosophie, hinterfrage Dinge und wundere mich über die Menschheit, die immer wieder die gleichen Fehler macht. Ich sehe Kausalitäten und Korrelationen, wo der „normale“ Mensch nicht einmal sucht und sich wundert, wenn seine Bestrebungen ins Leere laufen oder scheitern. All das sehe ich, verstehe ich, doch beim Einkaufen scheitere ich.
Einblicke in eine fremde Welt
Wie es wohl wäre, wenn ich einfach einkaufen gehen könnte? Oder einfach zur Behörde fahren könnte? Ein simples Telefonat führen könnte? Ich weiß es nicht. Es ist nicht meine Welt, es ist mein Leben mit Autismus und die Herausforderungen im Alltag.
Geduld im Umgang mit anderen
In diesem Sinne, wenn sich jemand nicht so verhält, wie Sie es erwarten, haben Sie doch etwas Geduld. Wer weiß, was dieser Mensch gerade durchmacht.
Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.