Social Media und die Flut von Belanglosigkeiten
Kennen Sie das? Sie scrollen durch den Feed bei Facebook oder erhalten Nachrichten auf LinkedIn. Freunde von Ihnen posten mehr oder weniger schöne Dinge, wie ein Urlaubsbild, das drollige Hündchen, ein Bild trauter Zweisamkeit, ein süßes Kätzchen, einen guten Witz, eine Lebensweisheit usw. usf. Der Sinn von Social Media, könnte man meinen. Es gibt auch eine andere Seite. Meine Erfahrungen mit der Coaching-Industrie, Kritik und Erfahrungen.
Werbung und aufdringliche Nachrichten
Dazwischen lauter Anzeigen wie: “Werde Coach in fünf Minuten”, “Ändere dein Mindset und werde in zwei Wochen Milliardär”, “Das Geheimnis des Erfolges” usw. Ja, das ist überspitzt, aber Sie wissen, was ich meine. Von den nervigen Nachrichten auf LinkedIn ganz zu schweigen. Da erhält man Messages wie: “Wollen Sie Ihren Online-Shop nach vorne bringen?” Da sage ich mir doch: Nein, natürlich nicht, der gehört an die Wand gefahren. “Dazu erzähle ich Ihnen mehr, bei einem Kaffee.” Soviel Kaffee kann ich gar nicht trinken, wie mir täglich angeboten wird. Originelle Nachrichten? Och, ich bitte Sie, dazu müsste man sich ja Mühe geben. Der erste Eindruck ist ja nicht so wichtig, und wenn der Termin nicht ausgemacht wird, mochte der potenzielle Kunde wohl die Augen des Verkäufers nicht. Was soll man da auch machen?
Die Enttäuschung über alte Bekannte
Was aber viel schlimmer ist, sind diejenigen Facebook-Bekanntschaften, mit denen man sich irgendwann einmal privat verbandelt hat. Plötzlich fangen die an, wie wild völligen Nonsens zu posten. Dieser interessiert mich erstens nicht und zweitens handelt es sich entweder um Verschwörungsmist, bei dem man, sofern man einen höheren IQ als die Körpertemperatur aufweist, sofort erkennt, dass es sich um einen Fake handelt. Oder es ist irgendein lustiges Coaching, welches mir komplett am verlängerten Rücken vorbeigeht, meist von zweifelhafter Orthographie und Interpunktion begleitet. Ja, es gibt auch Ausnahmen. Das sind die, welche nicht plötzlich damit anfangen, sondern weswegen man sich mit ihnen verbandelt hat. Kapazitäten in ihrem Bereich.
Warum tun sie das?
Warum tun die anderen das? Ist es pure Verzweiflung, weil sonst niemand liked? Oder ist man so sehr auf jeden Kunden aus dem Freundeskreis angewiesen? Deswegen bin ich doch nicht mit jemandem “befreundet” (oder wie man diese Oberflächlichkeit auch nennen soll). Dazu gibt es Fan-Seiten. Die kann man zwei oder drei Mal teilen, dann ist gut. Wer es mag, liked es, die anderen lassen es. Wenn man diesbezüglich vier Mal täglich zugemüllt wird, ist das eine Misshandlung meiner Privatsphäre.
Die Skepsis gegenüber Coaches
Die ganzen Coaches sind mir sowieso irgendwie suspekt, mit ganz wenigen Ausnahmen. Jeder kann sich so bezeichnen, der Begriff ist nicht geschützt, es ist kein Lehrberuf. Der Müll, den man sich da anhören muss, es ist zum Heulen oder zum Lachen. Je nachdem. Gerade die Unternehmenscoaches sind ganz lustige Zeitgenossen. Über eine Begegnung habe ich mich bereits ausgelassen (Ein Katastrophencoaching).
Ein aktuelles Beispiel
Unternehmercoaches haben es offensichtlich nicht so mit neuen Technologien. Da hat man vor 33 Jahren eine teure Ausbildung absolviert, die tut es noch! Nur nix Neues lernen. Ich hatte wieder eine Begegnung mit einem Coach, der hätte glatt Nokia beraten können. Sie kennen die Geschichte: Smartphones? So ein Unsinn, das sitzen wir aus. Der Rest ist buchstäblich Geschichte. Wer als Coach die rasante Entwicklung in zwei Jahren Pandemie nicht gepeilt hat, dem ist nicht mehr zu helfen. Manche müssen einfach zurückgelassen werden.
Die Enttäuschung über mangelnde Kompetenz
Zugegeben, ich war etwas gemein zu diesem Coach, weil ich seine Tipps komplett zerlegt habe. Nur, ich habe langsam aber sicher die Nase voll von Trainern, die beleidigt sind, wenn man sie nicht in den Himmel lobt und man mehr weiß als sie und die nur dummes Zeug erzählen. Wer traut einem Coach, der folgendes geschrieben hat (kein Scherz): “… und glauben Sie mir: Das beruht auf ganz viele Tests, die wir regelmäßig für uns und unsere Kunden machen, und auf irgendein Bauchgefühl.” Na denn. Bauchgefühl anstelle Ausbildung? Klar, warum nicht? Wie würden Sie reagieren, wenn Ihr Zahnarzt beiläufig erwähnt, dass an Ihren Zähnen aufgrund seines Bauchgefühls gebohrt werden muss? Ich weiß nicht, wie Sie es handhaben, doch ich würde Fersengeld geben. Ich würde rennen und die ganze Apparatur mitschleppen, wenn da gerade Schläuche im Mund stecken, inkl. der Zahnarzthelferin, die unglücklicherweise gerade den Speichelsauger festhält. Die könnten gar nicht so schnell gucken, wie ich den Raum auf meiner wilden Flucht demöbliere. Denken diese Coaches auch mal nach, bevor sie ihre Mails raushauen? Und dann ist wieder der Kunde schwierig. Ja, genau. Merke: Im Spiegel winkt der schwierige Vogel zurück.
Ehrlichkeit und Selbstreflexion in der Coaching-Branche
Wenn man kein Interesse an neuen Wegen hat und nicht für Marketing, Vertrieb und Strategien brennt, dann sollte man so ehrlich sein und es lassen. Wenn man es nicht bringt, sind nicht die anderen schuld. Warum können solche “Coaches” nicht zugeben, dass sie nicht alles wissen und vom Gegenüber sogar profitieren können? Hier wäre es doch wirklich einfach gewesen: “Oh, wie ich sehe, kann ich hier nicht viel helfen, Sie haben bereits sehr viel Wissen. Vielleicht kann ich Sie bei Fragen im Bereich Sowieso kontaktieren? Oder wir tauschen uns einmal aus?” Da hätte ich geantwortet: “Selbstverständlich, immer sehr gerne. Wenn ich einen Unternehmer treffe, der in den Startlöchern steckt, schicke ich den gerne zu Ihnen.” Eine Win-Win-Win-Situation. Nun ja, wer nicht will, hat gehabt.
Die Konsequenzen für die Unternehmen
Das wirkliche Elend ist, dass diese „Unterlasser:Innen“ mit ihrer Lustlosigkeit ja auch Firmen beraten. Die Verbraucher:Innen erhalten danach Unternehmungen mit zweifelhafter Einstellung zu ihren Kunden, was nicht weiter verwunderlich ist.
Die positiven Ausnahmen
Nicht alle Coaches sind schlecht. Ich selbst habe auch einige, die ich mir sorgfältig ausgesucht habe. Allerdings sind diese nicht so nervig und inkompetent, sondern man kann von ihnen richtig was lernen, und für diese Kapazitäten bin ich sehr dankbar.
Abschließende Gedanken
Wenn ich mir diesen Beitrag ansehe, ist er erstens lang und zweitens habe ich die Themen schon allesamt behandelt. Es ist einfach ein Irrsinn, dass alle, die seit wenigstens 20 Jahren auf dem Planeten herumgeistern, das Bedürfnis haben, Coach zu werden, wenn man sie in der Privatwirtschaft nicht gebrauchen kann. Parallelen zu Politikern sind durchaus vorhanden. Soviel zu meiner Coaching-Industrie Kritik und meinen zweifelhaften Erfahrungen.
In diesem Sinne: Haben Sie ein schönes Leben und lassen Sie sich von Coaches und Politikern nicht in den Wahnsinn treiben.
Disclaimer:
Die Beiträge bilden nur meine Meinung ab. Sie haben Ihre eigene – großartig! Wir können alle Freunde sein.